ZEITLAUFEN

Times mager

Zeitlaufen

Signalstörung, Reparatur am Zug, Verspätung im Ausland - die Deutsche Bahn hat immer einen Grund, um Reisende von Gleis zu Gleis zu hetzen. Die Kolumne „Times mager“.

An den Bahnhöfen des Landes sieht man sie fast überall: Menschen, die verloren an Bahngleisen herumstehen – ein Zug wird nicht mehr einfahren, zumindest nicht in den nächsten ein oder zwei Stunden. Menschen, die ungläubig auf digitale Anzeigetafeln mit geänderten Abfahrtszeiten starren. Menschen, die kopfschüttelnd und schnaufend durch die Bahnhöfe ziehen.

Egal, ob Nah- oder Fernverkehr, es ist ein großes Abenteuer, mit der Bahn zu fahren (bzw. auf der Strecke zu bleiben), und man überlegt schon, ob einem der Umweltschutz tatsächlich wichtiger sein muss, als, sagen wir, den Job oder die eigenen Freund:innen zu behalten, die mehrere Stunden auf einen warten, einen schnell mit dem Auto zum nächsten Bahnhof bringen oder am Ende der Welt retten müssen. So weit ist es gekommen: Wenn man Bahn fährt, muss man sich ernste Gedanken darüber machen, was einem im Leben wirklich wichtig ist.

Reparatur am Zug, Signalstörung, Reparatur an der Weiche, kurzfristiger Personalausfall, Verspätung im Ausland (ja, klar …), auch interessant: Schießerei im Gleis. Der ICE verspätet sich/fährt nicht weiter/fällt heute aus. So gesehen bekommt man einiges geboten für den Preis eines neuen Sommermantels oder eines Wellnesstags.

Auch sehr beliebt: das lustige Gleischen-wechsel-dich-Spiel, inklusive – Level 2 – kurzfristig geänderter Wagenreihung, oder – Level 3 – abgesperrten Zugteilen oder – für Fortgeschrittene – mit radikal reduzierter Umsteigezeit. Bald wird sicher die erste deutsche Meisterschaft ausgetragen im Mit-dem-schweren-Koffer-durch-die-Menge-boxen-Treppe-runter-Treppe-rauf-ah!-neues-Gleis-Treppe-runter-...-Zeitlaufen. Dass einen die Bahn nicht körperlich auf Trab halten würde, kann man ihr jedenfalls nicht vorwerfen.

Man könnte sich natürlich fragen, woran das Desaster liegen mag - allerdings sollte man mit der Frage nicht die Bahnangestellten belasten, die müssen sowieso schon viel Sorgearbeit leisten. Außerdem ist auch gar keine Zeit für Spekulationen darüber, woher die Finanzlöcher kommen und wann wo fehlinvestiert wurde. Wichtig ist jetzt erst mal, noch irgendeinen Zug zu bekommen,

„Fahrt fällt aus“, steht nüchtern in der DB-App. „Bitte suchen Sie sich eine neue Verbindung für Ihre Reise.“ Schnaufend und kopfschüttelnd drängt man sich durch die Masse, mit dem schweren Koffer die Treppe runter (Rolltreppe kaputt), ins DB-Service-Center. Da: mehr als eine Stunde Wartezeit. Was ist überhaupt diesmal das Problem? Neue Anzeige in der App: Der Zug fährt jetzt scheinbar doch – allerdings von einem anderen Gleis und: drei Minuten früher als eigentlich geplant!

2024-04-29T14:24:32Z dg43tfdfdgfd